Vom guten Gebrauch

Falter 21/98, 20.5.1998

Von Manfred Deix geht die Mär, er habe, als er noch ganz arm war, in Ermangelung eines Herdes mit funktionierender Kochplatte, seinen Morgenkaffee auf einem umgedrehten Bügeleisen zubereitet. Meine Nachbarn, die Familie Pipkow, waren zur Zeit ihres Armseins schon einen Schritt weiter. Erstens waren sie nicht mehr ganz so arm – Dimitar hatte schon seine Eineinhalbmillonenschillinggeige – und zweitens hatten sie eine Kochplatte. Weil sie aber keine Pfanne dazu hatten, legten sie ihre Pardeiserscheiben, Pfefferonistreifen und Paprikaschnitzel schlichterhand auf die Kochplatte. Wie das duftete, das bulgarische Röstgut! Gut, so waren sie, die Pikowschen, schlicht, aber mit großem Improvisationstalent gesegnet. Raffiniert geht es auch in der Familie der Comandantina zu. Bruder Pjotr etwa stellt seine 60tausendschilling-Studiomonitore nicht auf handelsübliche Dämpfer, sondern auf zwei mal zwei Bände des Brockhaus von 1897. Die Comandantina selbst hat den umgekehrten Weg eingeschlagen. Sie bändigt die Vibrationen der 24 Ziegel ihres schnittigen Brockhaus von 1998 mit tschechoslowakischen Boxen der Marke Tatrafon. J.J.Cale’s „Low Down“, die Lieblingsaufwachhilfe der Comandantina, kann erst so seine volle Magie entfalten.

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