Zoll ist toll

Falter 14/98, 1.4.1998

Vielleicht ist meine Ruhe zu auffällig. Vielleicht mein Faible für spiegelnde Schuhe. Vielleicht die schicke Jesus-Plakette an meinem Rucksack. Auf jeden Fall: Für Österreichs Zöllner bin ich ein höchstverdächtiges Subjekt. In einem vollbesetzten Zug sitzend, kann ich sicher sein, daß das Auge des Einfuhrgesetzes auf mir hängen bleibt, und nicht auf dem unrasierten Kasachen mit den Uranbrennstäben im verbeulten Koffer. Nicht auf dem tätowierten Kolumbianer mit der Ausbuchtung unter der linken Achsel. Und nicht auf der falschen Blondine mit den Heroinkondomen im Wonderbra. Stets bin ich es, die gefilzt wird. Wo haben sie das Päckchen Gauloises gekauft, was haben sie mit dem Haartrockneapparat vor, wen haben sie in Bratislawa getroffen, brauchen sie die Aspirin-Tabletten beruflich oder privat? Aus welchem Grund führen sie zwei Feuerzeuge mit sich? Warum lesen sie eine Schweizer Zeitung? Aber warum ich, und warum immer? Wegen meiner Gelassenheit? Wegen der geputzen Schuhe? Wegen der Jesus-Plakette? Trotz Unbescholtenheit und weißer Weste? Immer ich? Immer. Es sind die Augenringe. Augenringe sind böse. Augenringe wie ich sie habe, haben nicht eimal kasachische Uranschmuggler, kein einziger tätowierter kolumbianischer Kokainboß und nicht die falscheste Blondine.

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