Falter 12/98, 18.3.1998
Sprache ist wie Eisen. Der eine hämmert aus ihr billige Schaufeln, die andere zieht sie zu elendslangen Drähten, ein dritter wieder klopft sie zu Nägeln und vierte und fünfte schmieden Hämmer, Sicheln, Schwerter oder Pflugscharen aus ihr. Sprache ist das Eisen, das wir schmieden, wenn es gilt, uns kund zu tun. Der Sprache geht´s jetzt an den Kragen. Nägel werden nie wieder wie Nägel aussehen, Drähte nie wieder wie Drähte und Hämmer wohl auch nimmer wie Hämmer. Wordscanner werden mitlauschen, wenn A mit B über C handyfoniert. Es könnte nämlich A von der Russenmafia sein, B Rauschgifthändler und C ein strafbarer Tatbestand. A könnte nämlich B mitteilen, daß die Schneelage in Kitzbühel am Wochenende hervorragend sei, daß man sich am nächsten Samstag am Westbahnhof treffen solle, Punkt sieben Uhr, mit dem Auto sei es zu gefährlich, dem Huber und seiner Partie aber nichts davon erzählen, denn die würden nur stören beim Wedeln… Ah ja, B, und heb´ ausreichend Kohle ab, vielleicht ergibt sich etwas, abends in der Disco. Alles Klar, A, würde B meinen, ich bin gestellt. Samstag sieben Uhr früh würden die Handschellen klicken am Westbahnhof, weil Big Brother, alles mitgescannt, aus den Reizwörtern Schnee, Kohle und gefährlich C, einen strafbaren Tatbestand erschlossen hätte. Sprache wird nie wieder Sprache sein.