Falter 7/98, 11.2.1998
Dimitar Pipkow hieß mein Nachbar, der bulgarische Geiger, dem es an nichts irdischem mangelte, als an „Luftmaschine“– so nannte er meinen Staubsauger. Pipkow lebte mit seiner Opern singenden Frau Petja und Söhnchen Nikolaj, einem leidenschaftlichen Leser der Publikation „Yps mit Gimmick“ in der Wohnung unter mir. Die Pipkowschen und mich verband aber nicht nur „Luftmaschine“. Neben bulgarischen Schimpfwörtern und der klassischen Geigenliteratur war ich auch über das Programm des Langwellensenders „Radio Sofia“ stets am Laufenden: Durch die dünne Decke der Pipkowschen Wohnung drang alles, sogar Geflüster. Eines Abends klopfte Dimitar an meine Tür. „Frrauw Dusil. Ich kchann niecht schlafen. Sie siend gegangen!“ „Ich bin was?“ „Sie siend gegangen. Man chert durch Decke, wenn sie gehen. Von Tiesch zu Biecherregal. Man chert.“ Für heute solle ich mein Gehen einstellen, fuhr Dimitar fort, und: „Morgen, ich brienge Teppich diecke.“ Seit damals schwebe ich elfengleich durch meine Wohnung. Pipkow mußte sein Versprechen mit dem Teppich nicht einlösen. Wie wir wissen lebt er jetzt als Hofmusikdirektor beim Maharadscha von Rashtrakuta. Eines Tages allerdings, da hege ich keine Zweifel, wird ein glutäugiger Bote aus Hajderabad an meine Tür klopfen, „mit Teppich fliegende, für Frrauw Dusil!“