“Dusls Freispiel“, Falter 46/97, 12.11.1997
Ich bin ein moderner Mensch und habe unglaublich viele moderne Geräte daheim herumstehen. Am Modernsten – von zweibeinigen Sesseln abgesehen – sind meine modernen Elektrogeräte. Jede Menge Kerzen spare ich etwa durch den Einsatz von Licht aus modernen elektrischen Lampen. Große Freude bereiten mir auch meine modernen Unterhaltungselektronikgeräte. Früher mußte J.J. Cale persönlich bei mir vorbeischauen, um mir „Low Down“ vorzuspielen. Heute, im modernen Zeitalter, schiebe ich bloß ein kleines silbernes Scheibchen in eine große schwarze Kiste und schon spielt mir J.J. Cale „Low Down“ vor. Mühelos, sooft ich will. Und J.J. kann derweil bei sich zu Hause neue Lieder aufnehmen. Das spart Zeit. (J.J. wohnt in Amerika, wir sparen daher auch Reisekosten.) Ich bin also modern. Daß ich gescheit bin, könnte man gemeinhin auch behaupten, wäre da nicht ein Problem: Ich brauche Jahre, um so ein modernes Musikwiedergabegerät richtig zu bedienen. Meinen Plattenspieler konnte ich mit 16 in Gang setzen, das Doppelcassettendeck mit 27, aber erst vor kurzem, mit 35 gelang es mir, hinter das Geheimnis der silbernen Scheiben zu kommen: Einfach in die schwarze Kiste hineinstecken! Wie alt ich werden muß, um aus DAT-Recorder-Signalen brauchbare Schallwellen zu erzeugen, steht allerdings in den Sternen. 121?